Biologische Station im Kreis Wesel e.V.

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Spechte im Frühling

Endlich steht der Frühling wieder in den Startlöchern, die ersten Schneeglöckchen, Krokusse und Winterlinge stehen in Blüte, die Singdrosseln beziehen bereits ihre Reviere und die ersten wärmeren Tage locken die ersten Zitronenfalter und Kleinen Füchse aus ihrer Winterruhe hervor. Und es ist jetzt Hochsaison für die Beobachtung unserer einheimischen Spechte, denn es gibt wohl kaum eine bessere Zeit im Jahr, um draußen unsere verschiedenen Spechtarten aufzuspüren und zu beobachten. Einerseits sind die Bäume noch nicht belaubt und bieten somit freie Sicht, andererseits setzt schon im Februar die Balz der Spechte ein, so dass sie uns ihre Anwesenheit durch ihr Trommeln und ihre Rufe schnell verraten.

Foto: Buntspecht Am einfachsten zu finden ist dabei sicher der Buntspecht, denn er kommt nahezu überall vor, wo es Bäume gibt, selbst inmitten unserer Städte. Seine Nahrung besteht zu einem guten Teil aus holzbewohnenden Insektenlarven, die er unter gut hörbarem Einsatz seines starken Schnabels und mithilfe seiner langen Zunge unter der Rinde und aus dem Holz der Bäume hervorholt. Anders als unsere anderen Spechte verfügt der Buntspecht über keine spezifischen Balzrufe, er beschränkt sich zur Balz auf intensives Trommeln. Um seinen Trommelwirbeln den nötigen Nachdruck zu verleihen, schreckt er dabei auch nicht vom Missbrauch von Regenrinnen oder anderen künstlichen Resonanzkörpern zurück.

Foto: MittelspechtDie anderen heimischen Spechtarten sind hinsichtlich ihres Lebensraumes deutlich wählerischer als der Buntspecht, so dass man am besten gezielt in ihre bevorzugten Biotope geht, um sie zu finden. Wenn Sie in den kommenden Tagen und Wochen beispielsweise eichenreiche Wälder aufsuchen, dann werden Sie dort mit einiger Wahrscheinlichkeit die seltsam klagend klingenden, laut quäkenden Rufreihen des Mittelspechts vernehmen können, dessen Balzaktivität oft bereits in den ersten Februartagen einsetzt. Im Vergleich zum viel häufigeren Buntspecht trommeln Mittelspechte in der Balz nur selten und behaupten ihr Revier stattdessen lieber durch intensives Rufen. Auch sonst unterscheidet sich der Mittelspecht vom nur bei oberflächlicher Betrachtung ähnlichen Buntspecht in vielerlei Hinsicht. So sucht er seine Nahrung ausschließlich an rauen Stammoberflächen und hackt nicht, wie der Buntspecht, in das Holz hinein. Für eine erfolgreiche Nahrungssuche ist der Mittelspecht deshalb auf grobborkige Bäume angewiesen, was seine ganz besondere Vorliebe für ältere Eichenwälder erklärt. Seine Bruthöhle legt der Mittelspecht gerne mit nach unten weisender Öffnung in starken Seitenästen an, während der Buntspecht seine Höhlen überwiegend in den Hauptstamm zimmert. Auch Bestände mit anderen grobrindigen Baumarten wie Eschen, Ulmen oder Robinien können vom Mittelspecht besiedelt sein und sogar in alten Streuobstbeständen kann die Art sich wohlfühlen – insbesondere wenn große Birnbäume vorhanden sind.

Foto: GrünspechtDie charakteristische Spechtart der Obstwiesen ist allerdings eine andere, nämlich der Grünspecht. Auch seine typischen Rufreihen, die an ein lautes Lachen erinnern, werden in den kommenden Wochen wieder vermehrt zu hören sein. Und weil Grünspechte regelmäßig auch im besiedelten Bereich vorkommen, kann man ihre Balz mit etwas Glück sogar im eigenen Wohnumfeld erleben. Im Unterschied zu den meisten anderen Spechten hält sich der Grünspecht zur Nahrungssuche sehr häufig am Boden auf, wo er Ameisennester aufspürt und ausplündert. Nach diesem Verhalten zählt man die Art zu den Erdspechten, zu denen bei uns sonst nur noch der nahe verwandte Grauspecht gehört. Dieser hat aber seinen Verbreitungsschwerpunkt mehr in aufgelichteten Laubwäldern der Mittelgebirge, den Siedlungsraum meidet er eher, und im Flachland fehlt er über weite Strecken komplett.

Foto: SchwarspechtNoch mehr an den Wald gebunden als der Grauspecht ist der Schwarzspecht. Der etwa krähengroße schwarze Vogel ist unsere größte Spechtart und benötigt zur Anlage seiner Höhlen entsprechend dicke Bäume, die bis in große Höhen astfrei sein müssen. Solche Bäume mit ausreichendem Stammumfang findet der Schwarzspecht in unseren Wirtschaftswäldern ganz überwiegend in älteren Rotbuchen-Hallenwäldern kurz vor der Schlagreife. Wo im natürlichen Verbreitungsgebiet der Fichte und der Tanne (in den Mittelgebirgshochlagen oder in den Alpen) Nadelwälder noch alt werden dürfen und die Bäume entsprechende Stammumfänge erreichen, besiedelt die Art aber durchaus auch Nadelholzbestände. In ihren Lebensräumen machen Schwarzspechte durch ein für Spechte überaus vielfältiges Stimmrepertoire auf sich aufmerksam. Sehr charakteristisch sind v.a. der Standortruf, ein lautes "Kliööh" und der Flugruf, der etwa wie "krrü krrü krrü" klingt. In der jetzt bevorstehenden Balzzeit vernimmt man zudem häufig seine laut durch den Wald schallenden, etwas an den Grünspecht erinnernden Rufreihen und sein intensives Trommeln. Der Schwarzspecht gilt als eine Schlüsselart der mitteleuropäischen Wälder, denn erst seine Anwesenheit schafft die Grundlage für das Gedeihen vieler anderer Arten. Seine Brut- und Schlafhöhlen – in jeder Saison werden mehrere neu angelegt – ermöglichen nämlich erst die Ansiedlung vieler anderer Höhlenbewohner. Typische Nachnutzer seiner Höhlen sind etwa Hohltauben, Dohlen, Käuze, Fledermäuse, Baummarder, Bilche oder Eichhörnchen. Auch Hornissen und andere staatenbildende Hautflügler bauen ihre Nester gelegentlich in alte Schwarzspechthöhlen und in Gewässernähe werden die Höhlen in entsprechenden Regionen sogar von Schellenten oder Gänsesägern zur Brut vereinnahmt.

Foto: KleinspechtBevorzugt in Gewässernähe siedelt unsere kleinste Spechtart, der Kleinspecht, da dieser nur etwa spatzengroße Specht eine besondere Vorliebe für Weichhölzer wie Weiden, Pappeln oder Erlen hat, die ja überwiegend in feuchten Habitaten zu finden sind. Auch der Kleinspecht beginnt jetzt zu balzen und lässt dabei häufig seine etwas an den Turmfalken erinnernden Rufreihen hören. Wie der Mittelspecht sammelt auch der Kleinspecht seine Insektennahrung überwiegend aus den Rindenritzen der grobborkigen Bäume und hämmert nur selten nach holzbewohnenden Larven.

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